Von I-Dötzchen, ABC-Schützen und Schultüten

Zwischen fünf und sieben Jahren sind sie alt, die Kinder, die in die Grundschule eingeschult werden. Erstklässler nennt man sie, Abc-Schützen, in Mittel- und Süddeutschland auch Erstklässer, in Südostdeutschland und Ostösterreich Erstklassler oder Taferlklassler.

Die Bezeichnung i-Dötzchen stammt aus dem Rheinland. Ein kleines Kind wird im rheinischen Dialekt als Dotz oder Dötzchen bezeichnet. Die Erstklässler werden i-Dötzchen genannt, da früher beim Erlernen der deutschen Schreibschrift oft der Buchstabe „I“ als erster gelehrt wurde. Das Wort Dotz bezeichnet einen Punkt, also i-Dotz den i-Punkt. Das i-Männchen ist die westfälische Entsprechung für die Schulanfänger.

Eine veraltete Bezeichnung, heute so gut wie nicht mehr in Gebrauch, ist der Abecedarier. Diese aus dem Lateinischen stammende Bezeichnung für die Schulanfänger leitet sich davon ab, daß die Kinder nunmehr das Abc (spätlateinisch: abecedarium) lernen werden. Gleichen Ursprungs ist die heute teils noch gebräuchliche Bezeichnung Abc-Schütze. Der Ursprung des Wortbestandteils „Schütze“ ist dabei unklar. Etymologisch sind zwei Erklärungen denkbar:

Das lateinische tiro (Rekrut/Anfänger) wurde mit dem lateinischen Wort „tirare“ für „schießen“ und dem französischen „tirer“ für „ziehen, den Bogen spannen, schießen“ in Verbindung gebracht. Daher das Wort Schütze. Fälschlicherweise, denn es ist eher mit dem deutschen “zerren” verwandt. Und zweitens: Als Spottname der im Gefolge der fahrenden Schüler im 14. und 15. Jahrhundert herumwandernden Schulknaben, die zum Betteln und Stehlen geschickt wurden, was in der Burschensprache „schießen“ genannt wurde. Daher die Bezeichnung Schütze.

Seit 1810 gibt es den Brauch der Schultüten in Deutschland, die bisweilen auch Zuckertüten genannt werden. Mit diesen Tüten voller Süßigkeiten und Obst wird auch heute noch den Kindern der erste Weg in die Schule versüßt.

Schultüten tauchten zuerst in Mitteldeutschland auf. Erst nach und nach setzte sich der Brauch im Süden und im Westen durch. In Sachsen und Thüringen erzählte man den Kindern früher, dass in dem Haus des Lehrers ein Schultütenbaum wachse. Und wenn die Schultüten groß genug wären, dann müsse man als Kind in die Schule gehen.

Andere führen die süßen Geschenke zum Schulanfang auf den Brauch jüdischer Gemeinden zurück, Kindern zu Beginn ihres an der Tora ausgerichteten Schullebens süßes Buchstabengebäck zu schenken als Erinnerung an den Psalm-Vers „Dein Wort ist in meinem Munde süßer als Honig“ (Psalm 119).

Erich Kästner beschreibt in seinen Kindheitserinnerungen „Als ich ein kleiner Junge war“ seinen ersten Schultag 1906 in Dresden und seine „Zuckertüte mit der seidnen Schleife“. Als er die Tüte einer Klassenkameradin zeigen wollte, ließ er sie fallen, und der Inhalt fiel auf den Boden: Er „stand bis an die Knöchel in Bonbons, Pralinen, Datteln, Osterhasen, Feigen, Apfelsinen, Törtchen, Waffeln und goldenen Maikäfern“.

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