Potsdamer entwerfen modernes Flüchtlingsheim Raumwunder aus Holz

Ein halbes Jahr nach dem Start präsentieren die Initiatoren des Projekts „Make space“ eine erste Raumzelle für ein mehrgeschossiges Wohnheim aus Holz, das zur Alternative für die Massenunterbringung von Flüchtlingen in Tragluft- und Leichtbauhallen werden soll. Ein Bericht aus der Onlineausgabe der Märkischen Zeitung vom 22. Juni, verfaßt von Volker Opelschläger, den wir hier als Anregung auch für die hiesige Debatte über die Flüchtlingsunterbringung und den sozialen Wohnungsbau einstellen.

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Potsdam. Vor einem halben Jahr wurde unter dem Titel „Make space“ (Raum schaffen) erstmals über die Errichtung von Flüchtlingswohnheimen aus Holz als Ersatz für Massenunterkünfte in Traglufthallen diskutiert. Nun gibt es einen Prototyp. In der alten Panzerhalle auf dem Fachhochschulcampus an der Kiepenheuerallee wird nun das begehbare Modell einer gut 60 Quadratmeter großen Wohnung für drei Personen gezeigt, die in den geplanten mehrgeschossigen Typenbauten massenhaft zum Einsatz kommen könnte.

Entstanden ist die Idee zu dem Projekt im Streit um die geplante Errichtung einer Massenunterkunft für Flüchtlinge am Rande des Freiland-Jugendkulturzentrums. Das Freiland-Nutzerplenum verband seine Kritik an den angekündigten Leichtbauhallen mit der Forderung nach menschenwürdigeren Möglichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen. Verbündete fanden sie an der Fachhochschule in einem Kreis um den Kommunikationsdesigner Holger Jahn, der bereits seit zu Holz als kostengünstigem, umweltverträglichem und nachhaltigem Baustoff forscht.

Noch im November 2015 gab es den ersten Entwurf für ein viergeschossiges Gebäude mit Komplettverglasung und Balkonzeilen aus der Südseite sowie Laubengängen auf der Nordseite, das mit Wohnungen für jeweils drei Personen Platz für knapp 100 Bewohner bieten sollte. Das Rathaus äußerte sich nach einer ersten Präsentation interessiert, hielt aber angesichts des damals enormen Ansturms von Flüchtlingen am Plan A fest. Die Fundamente wurden gegossen, die Errichtung der Hallen jedoch nach einem abrupten Rückgang der Flüchtlingszahlen mit dem Jahreswechsel zunächst ausgesetzt.

„Nach derzeitiger Sachlage“ sollen die Fundamente „nicht vor Ende 2017 entfernt werden“, teilte das Rathaus jetzt auf Anfrage von Linken-Kreischef Sascha Krämer mit.

Baupläne sollen frei verfügbar sein

„Make space“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von Studierenden der Fachhochschule und des Freiland-Kulturzentrums mit einem harten Kern von 15 bis 20 Mitstreitern. Beteiligt sind die Studiengänge Kommunikationsdesign, Produktdesign, Europäische Medienwissenschaften und Architektur.

Die in der Ausstellung vorgestellte Wohnung ist 61 Quadratmeter groß. Bad und Dusche sind am Eingang, Küche und Gemeinschaftsraum mit Ess- und Sitzecke sind an der Glasfront auf der Südseite, die gegen Sonnenlicht mit einem 1,50 Meter tiefen Balkon verschattet wird, drei jeweils 7,3 Quadratmeter große Schlafzimmer liegen an der Nordseite.

Zu den Vorteilen von „Make space“ zählt laut Mitinitiator Achim Trautvetter, dass die Bewohner eine Privatsphäre haben, die es in Massenunterkünften nicht gibt. Die Kosten lägen mit 1500 Euro pro Quadratmeter bei der Hälfte des im Potsdamer Wohnungsbau Üblichen. Im Gegensatz zu den Leichtbauhallen hätten die Holzhäuser eine weitaus längere Lebensdauer.

Zusätzlich Kosten reduzieren soll die als „open source“ allgemeine Zugänglichkeit der Baupläne, die frei verfügbar für jeden veröffentlicht werden sollen.

Das Freiland wäre nach wie vor der ideale Standort für das erste „Make Space“-Wohnheim, bekräftigt Achim Trautvetter von Cultus, der Betreibergesellschaft des Kulturzentrums. Die Stadt habe zwischenzeitlich zwei alternative Grundstücke in der Berliner Vorstadt und in Babelsberg angeboten, doch beide seien aus Sicht der Initiatoren ungeeignet. So hätten in einem Fall Belange der Denkmalbereichssatzung berücksichtigt werden müssen, die das Projekt kompliziert und die Kosten in die Höhe getrieben hätten.

Die Präsentation in der alten Panzerhalle sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Serienreife, sagt Trautvetter. Vollenden lasse sich das Projekt aber erst, wenn ein Grundstück dafür verfügbar ist. Denn erst dann könnten Fragen zur Finanzierung und auch zur Trägerstruktur etwa über eine Genossenschaft im Detail geklärt werden.

Info Ausstellung in der alten Panzerhalle neben dem Casino auf dem FH-Campus, Kiepenheuerallee 5, bis 24. Juli.

Von Volker Oelschläger

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